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"Armut ist ein Skandal"

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Reutlinger Vesperkirche startet am 15. Januar 2023 wieder in der Vor-Corona-Variante in der Nikolaikirche – allerdings mit weniger Plätzen und verlängerten Öffnungszeiten

Offensichtlich ist es alles andere als einfach, die Vesperkirche für das kommende Jahr zu organisieren. „Es gibt noch ein paar Unbekannte“, sagte Pfarrer und Diakonieverbands-Geschäftsführer Dr. Joachim Rückle am gestrigen Mittwoch in der Reutlinger Nikolaikirche. Aber eines ist klar: Der Leitungskreis hatte sich schon im September entschlossen, die Reutlinger Vesperkirche zwischen dem 15. Januar und 12. Februar 2023 wieder in der Vor-Corona-Form durchzuführen. Und das bedeutet: Die Gäste können wieder in die Nikolaikirche kommen, sich bedienen lassen und vier Wochen lang täglich eine warme Mahlzeit erhalten. „Schwierig wird es allerdings, weil wir aufgrund der momentanen Krisen mit sehr vielen Menschen rechnen“, so Birgit Hövel, die als Pfarrerin im Ruhestand neu im Leitungskreis dabei ist.

Dennoch sollen „die Gäste einen warmen Platz finden, wir sind noch auf der Suche nach einer Lokalität, die sich als Wärmestube für den Kaffee nach dem Essen in der Vesperkirche eignen könnte“, betonte Birgt von Vacano. Ein leerstehender Laden in der Innenstadt käme etwa infrage, „bisher haben wir jedoch nur Absagen erhalten“, so Hövel. „Aber wir suchen weiter.“ Sollte keine Lösung in dieser Art gefunden werden, „stellen wir auf jeden Fall wieder eine Hütte vor der Nikolaikirche auf, wie in den vergangenen beiden Jahren und schenken dort Kaffee aus“, so Rückle. Kuchen soll dort auch ausgegeben werden, so wie zudem das gewohnte Vesper zum Mitnehmen.

Ob es nicht möglich wäre, neben dem Essen in der Nikolaikirche auch Vesperkirchentüten mit warmen Mahlzeiten an die Menschen zu verteilen – wie das die vergangenen zwei Jahre praktiziert wurde? Weil doch sicherlich einige Menschen zu große Bedenken wegen der Corona-Ansteckungsgefahr in dem „besonderen Gasthaus“ hätten? Die logistische Herausforderung für die Bruderhaus-Diakonie – die erneut das Essen liefern wird – wäre enorm groß, sind sich die Leitungskreis-Mitglieder einig. „Aber wir werden die Entwicklung in der ersten Woche beobachten und dann sehen, was möglich ist“, sagte Rückle.

Beginnen wird die 26. Vesperkirche am kommenden 15. Januar mit einem Auftaktgottesdienst, die Predigt hält Prof. Bernhard Mutschler als theologischer Vorstand der Bruderhaus-Diakonie. Nach vier Wochen täglicher Essensausgabe findet die Vesperkirche 2023 am 12. Februar ein Ende ebenfalls mit einem Gottesdienst. Prof. Thomas Hörnig von der evangelischen Hochschule Ludwigsburg wird dann predigen. Während der vier Wochen wird immer wieder ein ärztlicher Dienst in der Nikolaikirche anwesend sein, zudem Sara Mbak als Sozialdienst. Auf Gisela Braun als Ehrenamtskoordinatorin folgt im kommenden Jahr Dorle Rauch.

„Wir wollen aber auch kulturell wieder was bieten“, sagte Jörg Mutschler. Ein Diskussionsabend mit Bundestagsabgeordneten soll sich am 2. Februar um die Bekämpfung von Armut drehen – „das Prinzip Gießkanne gehört mit Sicherheit nicht dazu“, so der Vesperkirchenpfarrer. Einmal mehr werde „Tante Friedas Jazzkränzchen“ an einem noch nicht bekannten Abend aufspielen, zudem zeigt Heiner Kondschak einmal mehr an einem Abend seine künstlerische Verbundenheit mit der Reutlinger Vesperkirche.

„Die Vesperkirche ist keine Armenspeisung ist, sondern ein Ort der Begegnung in Würde“, betonte Jörg Mutschler. Was auf keinen Fall entstehen sollte – eine Atmosphäre „nach Gutsherren-Art, dass auch die armen Menschen großzügigerweise hier noch was zu essen kriegen“, so der Vesperkirchen-Pfarrer. Im Gegenteil: Die Vesperkirche solle ein Ort der Begegnung sein, denn dort wären laut Mutschler sehr bewegende Erkenntnisse möglich. „Die Vesperkirche ist kein politisches Instrument, aber ein Weckruf könnte von ihr trotzdem ausgehen und der heißt: Armut ist ein Skandal.“ Joachim Rückle schloss mit der Bemerkung: „Der schlimmste Gedanke wäre, Gäste abweisen zu müssen, weil der Andrang zu groß ist.“

INFO:

Unterstützung für die Reutlinger Vesperkirche

Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer können sich noch anmelden, entweder über die Homepage www.reutlinger-vesperkirche.de, per Telefon (07121) 9486-0 (Zentrale des Diakonieverbands) oder 0176-42796221 (Dorle Rauch). Spenden werden ebenfalls benötigt, sie können auf das Konto der Vesperkirche überwiesen werden: IBAN DE18 6405 0000 0100 0230 73 bei der KSK Reutlingen. Auch Kuchenspenden sind willkommen. Weitere Informationen gibt es unter www.reutlinger-vesperkirche.de.

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Veranstaltungen in der Vesperkirche

Alle Veranstaltungen sind kostenlos, Spenden sind willkommen